Peter Gahn
ink, colours and gold on paper III
Schlagzeug solo
(2005/6)
10 min
Edition Juliane Klein
GEMA-Nr: 9019648
Aufführungen
- UA: Ulrich Grafe (ensemble
courage), Dresden, Festspielhaus Hellerau, 2007
(UA von ink, colours and gold on paper III - surroundings 1 : Frank Thomé, ZKM, Karlsruhe, 2006) - weitere Interpreten: Gereon Voss
Aufnahmen
- Deutschlandfunk, Gereon Voss, 2007, Münster
Frank Thomé, ZKM 2006 © Susanne Wurmnest/ZKM 2006
Programmtext
Die Werkgruppe "ink, colours and gold on paper II/III -
surroundings 1/2“ ist inspiriert von Bildern der Malerei und Formen der über
1000 Jahre alten japanischen Orchestermusik Gagakumusik. Sie ist das erste, was
seit meinem fast 8jährigem Aufenthalt in Japan wieder in Deutschland entstand
und steht stark unter dem Eindruck der Kultur Japans und der neuen Erfahrung
meiner ursprünglich eigenen Kultur Deutschlands/Europas. Paul Gauguins, seit
seinem Aufenthalts auf Tahiti entstandene Bilder, kurz vor meinem Umzug nach
Japan von mir zum ersten Mal im Original gesehen, hinterließen mit ihren klar
strukturierten magischen Farbflächen auf mich einen starken Eindruck und
ließen mich nach Vergleichbarem in der Musik suchen. Ähnliches fand ich auch
in der jap. Malerei, speziell in Bildern des Künstlers Tawaraya Sotatsu, der
im 17. Jahrhundert in Kyoto wirkte. Diese Bilder haben einen flächigen
Hintergrund aus Blattgold, durch den die aufgetragenen Deckfarben (wie bei
Gauguin teilweise in mehreren Schichten übereinander aufgetragen) sich klar
von diesem abgrenzen und leuchtend hervortreten. Der das Bild beherrschende
Hintergrund überstrahlt alles und schließt gleichzeitig den Raum des Bildes
zweidimensional ab. Es gibt keine Zentralperspektive, die den Betrachter aus
dem Bild heraus leitet, sondern der Hintergrund entmaterialisiert sich durch
seine strahlende Ausdrucklosigkeit quasi selber und gibt dem Betrachter die
Möglichkeit und den Anstoß dazu, über den sich dahinter befindenden, nicht
einsehbaren Raum frei zu assozieren. Manchmal verdecken goldene Wolken große
Teile der farbigen Bereiche und lassen so den Hintergrund mit dem Vordergrund
verschmelzen und ebenso über die verdeckten farbigen Bereiche unter den Wolken
frei assoziieren. Da auch die farbigen Objekte in keiner hierarchischen Ordnung
wie der Zentralperspektive, sondern in der sogenannten Parallelperspektive
gleichberechtigt nebeneinander angeordnet sind, erlaubt dies dem Betrachter,
den Blick, ohne von einem zentralen Objekt angezogen zu werden, von jedem
beliebigen Platz ausgehend, auf dem Bild frei schweifen zu lassen. Auch in
diesem Stück gibt es keinen Teil, der in allen Bereichen den anderen
gegenüber herausragt. Jeder Teil hat ein besonderes Moment und besitzt somit
die Möglichkeit, von einem Hörer, als der für ihn bedeutendste gehört zu
werden, wodurch die anderen Teile in Relation zu diesem wahrgenommen werden.
Wie in der Gagakumusik jede Instrumentengruppe die gleiche, einzige Melodie des
Stückes auf seine eigene Art und Weise ganz verschieden realisiert und so
diese mit seinen Möglichkeiten am besten darstellen kann, kann dieses Stück
auch aus mehreren Perspektiven gezeigt werden. Diese Perspektiven sind "ink,
colours and gold on paper II" für Akkordeon und "ink, colours and gold on
paper III" für Schlagzeug, 2 Stücke, die einzeln, oder auch gleichzeitig
gespielt werden können. Dazu können noch 2 Umgebungen kommen, „surroundings
1“ für Liveelektronik und/oder „surroundings 2“ für Flöte und
Violoncello. Die insgesamt 12 Möglichkeiten dieser musikalischen Idee werden
wie alle Werke durch die Möglichkeiten der musikalischen Interpretation ins
unendliche multipliziert.
(Peter Gahn)