Peter Gahn
reading unicorn skulls - the town
(engraved dreams)
Klarinette (B), Violine, Schlagzeug, 4 Hyoshigi (jap. Klangholz)-Spieler, 13 saitige Koto
(1999)
16 min
Edition Juliane Klein
GEMA-Nr: 5183342
Aufführungen
- UA: Keiko Hisamoto, Ensemble Contemporary α Tokyo, Sumida-Triphony-Hall Tokio, 1999
- DE: Makiko Gotô, Studenten der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf,
Festival 100 Jahre "Neue Musik"
- Weitere Interpreten: Ensemble Modern, ensemble on_line vienna, Mitglieder des Ensemble COmeT Tokyo,
- Weitere Aufführungsorte: Universität der Künste, Konzertsaal Bundesallee, Berlin, Konzerthaus Berlin, Haus der Deutschen Ensemble Akademie Frankfurt, Minato Mirai Hall, Yokohama, Japan
Auszeichnungen
- Weltmusiktage 2001
- GNM Nachwuchsforum 2004
Aufnahmen
- HR, Ensemble Modern 2004
- DLR, ensemble on_line vienna, 2006
Programmtext
Das Stück ist inspiriert durch eine Geschichte innerhalb des
Romans "Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt" von Murakami Haruki. In
dieser Geschichte wird beschrieben, wie ein Mann in ein Dorf kommt und ihm
die Arbeit des "Traumlesers" zugewiesen wird. Er wird angewiesen, die alten
Träume aus den Schädeln von Einhörnern zu lesen, die in endlosen Reihen in
den Regalen der Bibliothek aufgereiht sind. Er nimmt sich jeden Schädel
einzeln vor, schließt die Augen und versucht mit den Fingerspitzen tastend
die eingravierten Träume zu lesen. Wenn er sich auf die dünne Stimmen der
Träume einlässt, kann er viele Fragmente hören, aber kein Gesamtbild,
keine zusammenhängende Geschichte verstehen. Einige Fragmente sind ihm nah,
rufen emotionale Stimmungen oder das Gefühl an unbestimmte Erinnerungen bei
ihm hervor, andere sind für ihn nur undefinierbare Bruchstücke. Er
begreift, dass die Träume ihm etwas zu erzählen versuchen, sie sind für
ihn aber nicht rational verständlich. Ihm bleibt nur ein sprachloses
Hinterherstarren.
Eine ähnliche Haltung nahm ich beim Komponieren von "engraved dreams" für
Koto an, nach zweijährigem Aufenthalt in Japan mein erstes Stückes für ein
japanisches Instrument. Es ist ein Tasten auf dem Instrument Koto und in
seiner Tradition und der Versuch den Geschichten zu lauschen, von denen die
meisten nicht intellektuell begreifbar sind. "engraved dreams" ist als
Solostück (optional mit Video) aufführbar, es gibt aber noch eine weitere
Möglichkeit: In Kombination mit "reading unicorn skulls" für Klarinette,
Violine und Schlagzeug und "the town" für 4 Hyoshigi. "reading unicorn
skulls" ist die Realisierung der Musik des Kotostückes mit Instrumenten
meiner eigenen musikalischen Tradition. Mich interessierte besonders die
Idee, wie sich die musikalische Oberfläche verändert, wenn der gleiche
musikal. Gedanke mit, sowohl von den akustischen Möglichkeiten als auch von
der Tradition her völlig verschiedenen Instrumenten dargestellt wird. Die
gleichzeitige Aufführung beider Versionen, eingebettet in der musikal.
äußerst reduzierten Umgebung von "the town", wurde durch die Heterophonie
in der alten japanischen höfischen Orchestermusik "Gagaku" inspiriert.
(Peter Gahn)