Peter Gahn
ink, colours and gold on paper II
Akkordeon solo
(2005)
10 min
Edition Juliane Klein
GEMA-Nr: 9019647
Aufführungen
- UA: Eva Zöllner, Keflavik, Island 2005
- DE: Eva Zöllner,
Kunsthaus Essen 2006
- weitere Interpreten: Andrea Carola Kiefer, Snezana Nesic, Felix Kroll, Irene Urbach
- Weitere Aufführungsorte: Siglufjordur, Akureyri/Island, OAG-Halle/Tokio, Tachikawa Performing Arts Festival Tokio
Aufnahmen
- privater Live-Mittschnitt, Eva Zöllner, 2006
Eva Zöllner, Tachikawa Performing Arts Festival 2005 ©
Zöllner/Gahn 2005
Programmtext
"ink, colours and gold on paper II" für Akkordeon (2005)
Peter
Gahn Dieses Stück ist inspiriert von Werken der Malerei und der
Musik des
japanischen Instruments "Shô". Es ist das erste, was seit meinem
fast
8jährigem Aufenthalt in Japan wieder in Deutschland entstand und
steht stark
unter dem Eindruck der Kultur Japans und der neuen Erfahrung meiner
ursprünglich eigenen Kultur Deutschlands/Europas. Paul Gauguins,
seit seinem
Aufenthalts auf Tahiti entstandene Bilder, kurz vor meinem Umzug
nach Japan von
mir zum ersten Mal im Original gesehen, hinterließen mit ihren klar
strukturierten magischen Farbflächen auf mich einen starken Eindruck
und
ließen mich nach Vergleichbarem in der Musik suchen. Ähnliches fand
ich auch
in der jap. Malerei, speziell in Bildern des Künstlers Tawaraya
Sotatsu, der
im 17. Jahrhundert in Kyoto wirkte. Diese Bilder haben einen
flächigen
Hintergrund aus Blattgold, durch den die aufgetragenen Deckfarben
(wie bei
Gauguin teilweise in mehreren Schichten übereinander aufgetragen)
sich klar
von diesem abgrenzen und leuchtend hervortreten. Der das Bild
beherrschende
Hintergrund überstrahlt alles und schließt gleichzeitig den Raum des
Bildes
zweidimensional ab. Es gibt keine Zentralperspektive, die den
Betrachter aus
dem Bild heraus leitet, sondern der Hintergrund entmaterialisiert
sich durch
seine strahlende Ausdrucklosigkeit quasi selber und gibt dem
Betrachter die
Möglichkeit und den Anstoß dazu, über den sich dahinter befindenden,
nicht
einsehbaren Raum frei zu assozieren. Manchmal verdecken goldene
Wolken große
Teile der farbigen Bereiche und lassen so den Hintergrund mit dem
Vordergrund
verschmelzen und ebenso über die verdeckten farbigen Bereiche unter
den Wolken
frei assoziieren. Da auch die farbigen Objekte in keiner
hierarchischen Ordnung
wie der Zentralperspektive, sondern in der sogenannten
Parallelperspektive
gleichberechtigt nebeneinander angeordnet sind, erlaubt dies dem
Betrachter,
den Blick, ohne von einem zentralen Objekt angezogen zu werden, von
jedem
beliebigen Platz ausgehend, auf dem Bild frei schweifen zu lassen.
Auch in
diesem Stück gibt es keinen Teil, der in allen Bereichen den anderen
gegenüber herausragt. Jeder Teil hat ein besonderes Moment und
besitzt somit
die Möglichkeit, von einem Hörer als der für ihn bedeutendste gehört
zu
werden, wodurch die anderen Teile in Relation zu diesem wahrgenommen
werden.
Das Blasinstrument "Shô", ein mehr als 1000 Jahre älterer
Verwandter, bzw.
Vorgänger des Akkordeons, faszinierte und verwunderte mich durch den
von ihr
gespielten flächigen und geschlossenen Hintergrund in der
japanischen
traditionellen Gagakumusik, was ich erst nach Betrachten der jap.
Bilder und
dem Wohnen in einer jap. Wohnung mit den flächigen Hintergründen,
den aus
Papier bestehenden, bzw. damit beklebten Shôji- oder
Fusuma-Schiebewänden, zu
verstehen begann. Durch die Klänge des Shôs inspiriert, fand ich
Klänge auf
dem Akkordeon, um meine musikalischen Ideen zu realisieren.
Wie in der Gagakumusik jede Instrumentengruppe die gleiche, einzige
Melodie des
Stückes auf seine eigene Art und Weise ganz verschieden realisiert
und so
diese mit seinen Möglichkeiten am besten darstellen kann, kann
dieses Stück
auch aus mehreren Perspektiven gezeigt werden. Diese Perspektiven
sind "ink,
colours and gold on paper II" für Akkordeon und "ink, colours and
gold on
paper III" für Schlagzeug, 2 Stücke, die einzeln, oder auch
gleichzeitig
gespielt werden können. Dazu können noch 2 Umgebungen kommen,
„surroundings
1“ für Liveelektronik und/oder „surroundings 2“ für Flöte und
Violoncello. Die insgesamt 12 Möglichkeiten dieser musikalischen
Idee werden
wie alle Werke durch die Möglichkeiten der musikalischen
Interpretation ins
unendliche multipliziert.
(Peter Gahn)